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Janina Jörgens

Low demand - Chancen (nicht nur) für PDAer


Kind in Zelt


„Low demand“, also „wenig Anforderung“.

 

 

„Ach… Wieder so ein „In-Watte-pack-Ding“…“

 

Äh - nein… Eher so ein „Leben-ermöglichen-Ding“ - würde ich sagen.

 

Für PDA er ist „Low demand“ tatsächlich oft die einzige Chance, selbstwirksam am Leben teilnehmen zu können.

 

Jede Anforderung wird vom eigenen Nervensystem als Angriff gewertet. Als Angriff! Nicht als „nicht nett“, „störend“ oder „nervig“.

Als Angriff!

 

Und demensprechend reagiert dieser Mensch dann möglicherweise auch. 

Genauso, wie schon unsere Vorfahren auf einen Angriff des Säbelzahntigers reagierten: Flucht oder Erstarren, Angriff oder Verteidigung.

 

In der Schule sehen wir dann Kinder, die scheinbar die Mitarbeit verweigern, störrisch sind, schreien, um sich schlagen, weglaufen…

Im Büro sind es möglicherweise Kollegen, die mitten am Tag den Arbeitsplatz verlassen und nach Hause gehen, mit niemandem reden oder - von außen betrachtet - `cholerisch` reagieren.

Zu Hause können es knallende Türen sein, lautes und unflätiges Schimpfen, Verweigerung, 

 

Jegliche Variation von sogenanntem „herausforderndem Verhalten“ ist möglich.

 

Und das ist niemals eine Provokation und auch keine Absicht!

Es ist reine Verzweiflung, ein Versuch einer lebenserhaltenden Rettungsaktion!

 

Low demand kann ein erster Schlüssel sein, dass diese Personen nicht mehr in dieser Not gefangen sind.

 

Es kann ein selbstwirksames Leben ermöglichen.

 

Dadurch, dass Anforderungen, ToDo´s so klein wie möglich gehalten, spielerisch, als Alternativen oder als Möglichkeiten angeboten werden, kann eine „eigene Wahl“ ermöglicht werden.

 

Ich kann selbst entscheiden, ob ich das tun möchte oder nicht. Ob ich das in dieser oder einer anderen Form, jetzt oder zu einer anderen Zeit tun möchte.

 

So kann es sein, dass z.B. Zähneputzen ein täglicher Terror im Familienalltag ist.

 

„Doch! Du musst Zähneputzen! 3 x am Tag! Das muss jeder Mensch! Sonst gehen Deine Zähne kaputt! Der Arzt hat auch gesagt, dass Du Deine Zähne besser putzen musst! Sonst gibt es keine Süßigkeiten mehr!“

Und so weiter…

 

Wenn wir nun gemeinsam Alternativen überlegen wie z.B.:

  • Wo möchtest du vielleicht lieber deine Zähne putzen? Im Bett mit einer Waschschüssel oder am Waschbecken im Bad?

  • Welche Zahnpasta möchtest du mal ausprobieren? Minze? Erdbeer? Kauzahnpasta?

  • Welche Zahnbürste sollen wir mal testen? Handzahnbürste, elektrische Zahnbürste (auch hier gibt es übrigens viele Unterschiede!) oder eine Rundzahnbürste?

  • Wie oft möchtest du die Zähne putzen? (Tatsächlich ist 1 mal deutlich besser als keinmal!)

 

Und wenn nun nach und nach - denn wie so oft ist das meist ein längerer Prozess - die Angst vor der Riesenanforderung: „3 Mal am Tag Zähne putzen“ kleiner wird, kann ich mich möglicherweise irgendwann sogar doch darauf einlassen…

 

Vielleicht nur einmal am Tag…

Vielleicht nur im Bett, mit einer Waschschüssel und im Halbdunkel mit Musik…

Vielleicht nur ohne Zahnpasta…

Vielleicht nur mit warmem Wasser…

 

Und vielleicht mit dem Wissen, dass ich, wenn ich mal einen echt schlechten Tag habe, an dem die Welt mit ihrer puren Existenz für mich schon zu viel ist, das Zähneputzen auch mal ganz sein lassen kann…

Wenn dann trotzdem, oder besser: gerade deswegen, an so einem Tag eben nicht jemand mit der Zahnbürste den Raum betritt… „Du musst noch….“

 

Dann kann ich auf einmal doch die Zähne putzen. Nach meinen Bedürfnissen - und vielleicht auch erst am nächsten Tag…

 

Mehr „Du kannst“ und weniger „Du musst“.

 

So sagte mal ein kleiner Klient zu mir, damals 8 Jahre: „Ich wünschte, ich dürfte in der Schule mehr dürfen und müsste weniger müssen.“

 

Besser kann man es nun wirklich nicht zusammenfassen, oder?

 

In diesem Sinne: Bleibt neugierig!

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