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Kostüme - Wie Maskerade gegen Maskieren helfen kann

Janina Jörgens

Kinder in Kostüme


Ich bin ein Kind des Rheinlands. Gebürtig ein echt Kölsches Mädchen.

So bin ich mit dem Karneval groß geworden. Bereits mit sieben Monaten beeindruckte ich durch mein erstes Kostüm: Erdbeere. 

Um mich herum war es so laut und wuselig, ich selbst so klein und hilflos, dass mir nichts anderes übrig blieb, als mir durch lautes Gebrüll Gehör zu verschaffen. Mein Gesicht war so rot wie das mich umgebende Kostüm, so berichtete mir meine Mama.

 

In den darauffolgenden Jahren, Kindheit und Jugend, musste ich die Wahl meiner Kostümierung mitunter erläutern. Ich war gar nicht der Typ Prinzessin, Bienchen, Mäuschen, etc. Meine Kostüme waren eher dunkel, eher gruselig, immer ganz individuell - weil selbst gemacht.

Ich nahm an Karnevalsveranstaltungen und auch am Straßenkarneval teil. Insgesamt fand ich das bunte Treiben sehr lustig, traditionelle Karnevalsmusik aus Köln, einfach schön. Dennoch war es oft viel, zu wild,  zu laut. zu bunt. So kehrte ich häufig von Feiern erschöpft und auch ein wenig traurig zurück, weil ich sie mir im Vorfeld oftmals anders vorgestellt hatte.

 

Erst im Erwachsenenalter fand ich das perfekte Karnevalssetting für mich.

Eine große Karnevalsveranstaltung, zu welcher mein bester Freund die Security übernahm. Eine riesige Party mit mehreren 1000 Teilnehmern, welche in mehreren Räumlichkeiten zeitgleich stattfand. In den verschiedenen Räumen wurde unterschiedliche Musik gespielt. Im Hauptsaal, traten auf einer Bühne den ganzen Abend lang über viele Stunden, Tanzkors, Comedians und Bands auf. Wie man das von Karnevalssitzungen aus dem Fernsehen kennt.

 

Was daran fand ich gut?

 

Mein bester Freund gab mir mittels seiner Tätigkeit in der Security die Sicherheit, dass ich alleine an dieser Feier teilnehmen konnte, keine Angst haben musste, belästigt zu werden. Ein Fingerzeig von mir genügte und mir eilte jemand zu Hilfe.

 

Dadurch, dass ich stets alleine zu dieser Party ging, konnte ich selbst entscheiden, was ich zu welcher Zeit machen mochte. Auch wenn ich feststellte, dass mir vielleicht doch nicht so wirklich nach Feiern zumute war, konnte ich auch nach 10 Minuten wieder nach Hause gehen - oder eben 7 Stunden am Stück durchtanzen.

 

Meine Kostüme waren noch immer eher dunkel - und richtig gut. 

Selbst Menschen, die mich kannten, erkannten mich unter diesen Kostümen nicht mehr. Oftmals konnten sie noch nicht einmal sicher entscheiden, ob ein männliches oder weibliches Wesen unter diesen Schichten von Stoff, Schminke und Kunstfell steckte.

 

Immer, wenn die Frage aufkam: „Magst du Karneval?“, antwortete ich sofort mit „Ja“. Aber…

Am meisten liebte ich immer die Kostümierung. Und erst jetzt wird mir bewusst, woran das vielleicht gelegen haben mag.

 

Meine oben beschriebenen Maskierungen ermöglichten mir ein unmaskiertes Verhalten in der Öffentlichkeit. Ich konnte tanzen, wie ich wollte. Ich konnte die Party verlassen, wann immer ich wollte und das ohne jegliche Erklärung oder langwierige Verabschiedungen. Ich konnte trinken, was ich wollte - in meinem Falle Wasser - ohne immer wieder etwas (Bier) angeboten zu bekommen.

 

Toll!

 

Ich habe mich über viele Jahre lang im Karneval ausgetobt! Immer war ich traurig, wenn diese Woche (ja, im Rheinland ist es beinah eine Woche ;-)) zu Ende ging.

 

Mittlerweile gönne ich mir meine „Eigenheiten“ an allen Tagen des Jahres. Zugleich habe ich mir meine Welt so angepasst, dass ich wirklich ich sein kann.

 

Ich bin dafür sehr dankbar und bin mir bewusst, dass das nicht selbstverständlich ist.

 

Könnt ihr schon „maskenfrei“ leben?

 

Bleibt neugierig!

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